Für nicht wenige stellte Paco Plazas atmosphärischer Infizierten-Horror "[Rec]" so etwas wie ein kleines Genrehighlight dar. Klaustrophobische, minimalistisch ausgestattete Kulissen, exzessiver, aber stimmiger Handkameraeinsatz sowie absolut sehenswerte Masken und Effekte ließen den 2007 in einem einfachen Mietshaus der Metropole Barcelona gedrehten Streifen aus der breiten Horror-Einheitssuppe hervorstechen. Soweit gar, dass sich Hollywood entschloss, kurzerhand ein fast identisches, durchaus gelungenes Remake hinterher zu schieben - auch wenn, am Rande gesagt, der momentane Remakewahn längst kein allgemeines Gütekriterium mehr ist.
Die Kuh muss bekanntlich gemolken werden, solange sie noch etwas hergibt. 2009 gab es mit "[Rec] 2" die Rückkehr in das schaurige Gemäuer des Erstlings, stümperhafte Spezialeinheit und ein paar nervige Jugendliche inklusive. Gegenüber dem ersten Film war der erneut semidokumentarisch angelegte und inszenierungstechnisch sehr ähnlich heruntergekurbelte "[Rec 2]" dann auch prompt ein klarer Rückschritt zum spannungsgeladenen Vorgänger. Das im Prinzip sehr atmosphärische, aber auch sehr überschaubare und schlichte Szenario bot offenbar schlicht nicht genug Stoff für gleich zwei hochwertige Streifen. Einige absurde Wendungen gegen Ende des Zweitwerks belegen dies eindrucksvoll. Der Nachfolger des US-Remakes hingegen beschritt bereits neue Wege und verlegte das blutig-hektische Treiben in ein hermetisch abgeriegeltes Flughafengelände – gar nicht so schlecht (trotz manch anderer Defizite)!
Wollte man nun mit "[Rec] 3" nicht völlig baden gehen, musste also eindeutig etwas geschehen. Dies bedeutete für die Verantwortlichen vor allem, den Mut zu besitzen, sich von den Markenzeichen der ersten beiden Filme zu lösen und etwas Neues zu wagen. Regisseur Paco Plaza vollzog glücklicherweise diesen überfälligen Schritt, ohne dabei einen völligen Bruch der Handlung zu riskieren."[Rec] 3" verlegt den Ort des Geschehens auf ein luxuriöses, recht weitläufiges Anwesen, auf welchem eine illustre Hochzeitsgesellschaft eine feucht-fröhliche Partynacht zu verleben gedenkt. Die dramatischen Ereignisse im verseuchten Mietshaus tragen sich hierbei etwa zeitlich parallel und nur einige Kilometer entfernt zu. Und Seuchen verbreiten sich bekanntermaßen schnell…
Insgesamt bietet Paco Plazas dritter Streich dann einen weitgehend genretypischen Handlungsverlauf, dem rückblickend die ausgedehnte, mitunter ermüdend wirkende Einleitungsphase, in welcher die Charaktere ausgiebig vorgestellt werden, negativ anzukreiden ist. Weniger ist halt manchmal mehr. Kommt es dann im vollbesetzten Ballsaal endlich zum großen Knall, zieht "[Rec] 3" jedoch alle Register - und macht dabei vieles goldrichtig!
Einerseits wird - entgegen jeder Erwartung - das von manchen ohnehin als aufdringlich empfundene Gimmick der Wackelkamera alsbald zugunsten einer klassischen, deutlich übersichtlicheren Kameraführung über Bord geschmissen, andererseits bricht Plaza auch radikal mit der konzeptionellen Grundausrichtung seines Films. An die Seite des todernsten Terrors rückt - mit zunehmendem Fortgang der Handlung - eine dezent humorvolle Komponente, die den Film im Einklang mit den passagenweise äußerst blutrünstigen Effekten punktuell bis an den Rand des Fun-Splatterfilms bringt. Dabei verliert das sich ober- wie unterirdisch, draußen wie drinnen vollziehende Treiben trotzdem niemals die Balance und stellt auch die Freunde rasanter Hetzszenen und atemloser Spannungsmomente immer wieder zufrieden. Liebhaber der ausgewalzten Schlachtplatte mit Trasheinschlag weiden sich vor allem am kreativen Einsatz diverser Gerätschaften vom zweckentfremdeten Küchenutensil bis hin zur klassischen Motorsäge.
Hat „[Rec] 3“ einmal Fahrt aufgenommen, ist Langeweile- auch dank der sympathischen, unverbrauchten Darsteller ein absolutes Fremdwort. Technisch gibt sich der Film ebenso keine Blöße, überzeugt mit durchaus eleganten Bildern, einer äußerst zweckdienlichen, erfrischend weitläufigen Kulisse und gut platzierten wie lauten Schockeffekten. Dabei ist dem überraschend blutigen Treiben die Partytauglichkeit defintiv attestiert!
Fazit: Wenn die Macher es weiterhin verstehen, frischen Wind in die Reihe zu bringen, darf Teil 4 gerne zeitnah erscheinen. Auch wenn ich als großer Verehrer des Originals zweifellos dessen geniale Location und den semidokumentarischen Inszenierungsstil ein Stück weit vermisse, so war der große Stilbruch im „[Rec]“-Universum schlicht unausweichlich. Ganz zumal mit dem bisweilen unfreiwillig komischen zweiten Teil ein ernsthaftes Weiterführen der Handlung ohnhin nicht mehr möglich war.